Vor zwei Wochen hatte ich das ausgesprochen große Vergnügen, Teil eine illustren Runde im Rahmen einer feministischen Story Telling Hour mit dem Titel „Writing Women“ zu sein, wo ich einen Vortrag über die Creepy Dudes of Literature gehalten habe – eine Spezies Mann im Literaturbetrieb, die uns Autorinnen gern mal das Leben schwer machen.
Es hat wahnsinnigen Spaß gemacht, über die Creepy Dudes zu sprechen – hier könnt ihr das Video noch einmal ansehen. Auch die Stories meiner Kolleginnen sind lohnenswert! Ich lese als Dritte 😉
Kurzer Einblick hinter die Kulisse: Zu meiner eigenen großen Überraschung (ja, ich hab einen riesigen Shitstorm erwartet) stand seit Erscheinen des Textes vor ein paar Tagen mein Telefon nicht mehr still. Vor allem Autorenkolleg:innen und Übersetzerkolleg:innen haben mir geschrieben und mich angerufen und mir tatsächlich gedankt. Ich sage das jetzt nicht aus Eitelkeit, sondern weil es mich nachdenklich macht. Wo sind wir denn in der Debatte angekommen, dass einem schon für gesunden Menschenverstand gedankt wird? Liebe Verlage: Bitte tut etwas gegen diesen giftigen Trend. Wir Autor:innen und Übersetzer:innen danken es euch – und ehrlich gesagt: Ihr seid uns das auch schuldig!
Durch den Lockdown und durch die Tage hangelnd scheint ein kleiner Lichtblick.
Ich bin jetzt Professor. Visiting Professor und Writer in Residence 2021 am Grinnell College in Iowa. Ich unterrichte ein Semester Kreatives Schreiben und Deutsche Literatur. Leider Corona-bedingt von meinem heimischen Schreibtisch aus und per Video, aber eine schöne Aufgabe, die zumindest geistig in die Ferne schweifen lässt.
Ich freue mich auf die Studierenden und auf diese schöne Aufgabe!
Zur Unterstützung der Hamburger Literaturszene in Corona-Zeiten hat die Hamburger Kulturbehörde zusammen mit dem Hamburger Literaturhaus ein hübsches Büchlein heraus gegeben.
Hamburger Autoren und Literaturmenschen stellen in liebevollen, lustigen, skurrilen und melancholischen Texten ihre Lieblingsorte in unserer wundervollen Stadt vor. Unter anderem sind Simone Buchholz, Karen Köhler und Leona Stahlmann mit dabei. Und ich. Ich zeige den Ort, wo man mich eigentlich mindestens einmal die Woche treffen kann. Das Buch ist im Junius Verlag erschienen, und der Erlös kommt der Hamburger Literaturszene zu. Also nichts wie ran ans Weihnachtsgeschenkeshoppen!
Auch ich habe während der Corona-Wochen und -Monate ein bisschen was geschrieben, und auch wenn’s schon länger her ist, kann man es hier und hier lesen (oder einfach auf die Bilder klicken):
Es gibt ja Bücher, die einen daran erinnern, warum man überhaupt Schriftstellerin sein möchte. „Im Bauch der Königin“ ist so eines.
Ich hatte die Ehre und das große Vergnügen, mit der großartigen, talentierten und klugen Karosh Taha über ihr neues Buch zu reden, was ich wirklich unbedingt jedem nur ans Herz legen kann. Worüber wir gesprochen haben, kann man hier sehen und hören!
Das Gute an freiwilliger Quarantäne: Man kommt endlich mal zum Schreiben.
In der ZEIT gibt es einen kleinen Dankesbrief an die Mama, und die wunderbaren Menschen von La Marelle in Marseille, die mich im vergangenen Jahr eingeladen hatten, haben ein hübsches Heft zusammen gestellt, die „Revue“ mit Text, Interview und schönen Bildern. Alles ins Französische übersetzt von Isabelle Liber. Viel Spaß, und bleibt gesund!
Ein wunderbares Erlebnis wurde mir zuteil, als das National Theatre Portland in den USA ein Stück aus meinem Roman Weil Wir Längst Woanders sind auf die Bühne gebracht hat.
Vergangene Woche hatte ich die große Ehre, mit jemandem das Podium zu teilen, ohne den ich mich wahrscheinlich nie getraut hätte, selbst irgendwann das Schreiben anzufangen.
Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen: Es war ungefähr 1996, ich war 17 Jahre alt und jobbte nach der Schule und am Wochenende in einer kleinen Buchhandlung in meiner Heimatstadt. Ich räumte Regale ein und aus, wischte Staub, ab und zu durfte ich auch mal Kunden beraten. Ich war ein nerdiger Teenager, am liebsten die Nase in Büchern gesteckt, und irgendwo tief in mir versteckt die ganz leise Fantasie, vielleicht ja auch mal Schriftstellerin sein zu können. Aber ach – wenn ich die Bücher so ein-, um- und ausräumte, waren da ja nur Namen wie Hermann Hesse, Thomas Mann, Günther Grass. Sie waren so deutsch, wie es deutscher kaum ging. Und Männer noch dazu. Wie um alles in der Welt hätte ich – ein Mädchen aus einer Kleinstadt im Kohlenpott mit komischem Namen – je das Recht beanspruchen können, meinen komischen Namen mal auf einem Buchdeckel zu sehen … Und dann fiel mir ein Buch in die Hand, das alles änderte. „Kanak Sprak“ von Feridun Zaimoglu. Nicht nur der Titel war bizarr-cool, auch der Name des Autors nicht so weiß und deutsch wie ich es bisher kannte. Da war einer – ein „Kanake“, wie ich, und der hatte ein Buch geschrieben … Ich kann gar nicht oft genug betonen, wie wichtig es für mein 17-jähriges Selbst war, das zu sehen, zu erfahren, als Möglichkeit in der Realität zu erfahren – ein „Kanake“ hatte Literatur gemacht. Es war das erste Mal, dass ich kurz dachte: „Okay, ich darf das auch …“
Und nun saß er plötzlich neben mir, ich mit ihm, in Hamburg auf dem Podium, und wir diskutierten über das hippe Thema „kulturelle Aneignung in der Literatur – worüber wir schreiben dürfen“. Schön, denn wir waren uns im Großen und Ganzen einig – schreibt doch, worüber ihr wollt, aber macht es bitte gut. Ich für meinen Teil möchte nämlich nie mehr einen orientalistisch angemalten Roman lesen, in dem vom „Geruch der Gewürze“ oder den „Mandelaugen“ der Frauen die Rede ist. Lasst euch was Originelleres einfallen, überlasst die billigen Klischees den Reiseführern dieser Welt.
Natürlich war’s am schönsten, dass ich Feridun persönlich sagen konnte, was sein Auftauchen in der literarischen Landschaft, damals Mitte der 90er, für mich bedeutet hat. Welch schöner Moment.
Ein Bild gibt es auch, wenn auch ein sehr verschwommenes – insgesamt sah der Abend sehr viel klarer aus.